06. - 08.04.2011 Deutscher Richter- und Staatsanwaltstag

Anlässlich des Deutschen Richter- und Staatsanwaltstages, der vom 06. – 08.04.2011 in Weimar stattfand, war der Weimarer Anwalt Verein von den Veranstaltern gebeten worden, einen der zahlreichen Programmpunke zu gestalten. Man einigte sich auf das nahe liegende Thema „Praktische Probleme der Zusammenarbeit zwischen Anwalt und Gericht“. Die Veranstaltung sollte als Workshop gestaltet sein. Wir vom Vorstand des Weimarer Anwalt Vereins haben das so verstanden, dass möglichst mit den Besuchern ein Ergebnis gemeinsam erarbeitet werden sollte. Vom Veranstalter waren die Präsidentin des Landgerichts Bremen, Frau Karin Goldmann, und die Frau Kollegin Angela Leschnig, Rechtsanwälte Fries in Würzburg, beigestellt. Mit beiden waren wir, der Kollege Hüttemann und ich, uns schnell über das Konzept einig, nämlich mit den Besuchern bestimmte Dauerbrenner anzudiskutieren und dann zu versuchen Verbesserungsmöglichkeiten herauszustellen. Die Veranstaltung war gut besucht, ca. 50 Teilnehmer aus allen Gegenden Deutschlands und allen Gerichtsinstanzen, allerdings offensichtlich ausschließlich aus der Zivilgerichtsbarkeit. Die lokale Anwaltschaft war trotz Werbung für die Veranstaltung, aber andererseits bei einem Tageskartenpreis von 30,00 €, nur sehr sporadisch vertreten.

Der erste Diskussionspunkt war der Umgang zwischen den Organen der Rechtspflege vor dem Gerichtstermin. Hier war das Thema Fristverlängerungen und Terminsverlegungen aufgerufen. Nachdem bei den Richtern zunächst die Auffassung bestand, dass Fristverlängerungen doch an sich überhaupt kein Problem seien, da doch so gut wie nichts vor der Verhandlung verspätet sei, wurde herausgearbeitet, dass die derzeitige Praxis von den meisten doch als mühsam und erschwerend angesehen wurde. Besonders unangenehm wurden kurzfristige Terminsverlegungsanträge der Rechtsanwälte empfunden. Weiter wurde berichtet, dass bei Fristverlängerungsanträgen Kollegen oder überhaupt wegen des Eingangs bestimmter Schriftsätze auf der Geschäftsstelle, telefonisch nachfragen lassen, ob diese auch tatsächlich eingegangen seien. Dies führe zu einer starken Belastung der ohnehin schon knapp besetzten Geschäftsstellen. Als für gut befunden wurde dann nach längerer Diskussion, dass der Rechtsanwalt immer damit rechnen können soll, dass er eine Fristverlängerung auf rechtzeitigen schriftlichen Antrag bekommt. Der Anwalt soll die Frist der ersten Verlängerung möglichst so wählen, dass keine zweite Verlängerung erforderlich ist. Ausnahmsweise kann eine solche in begründeten Einzelfällen auch noch gewährt werden, wenn frühzeitig angefragt wird und der Gegner möglichst mit eingebunden werden kann. Anders kann sich das allerdings darstellen, wenn bereits Termin bestimmt ist. Bei Terminsverlegungsanträgen gilt, dass diese möglichst frühzeitig und möglichst unter Einbindung des gegnerischen Kollegen, also schon im Vorfeld, gestellt werden sollten. Der Antrag sollte möglichst schon einen bestimmten Verlegungsvorschlag enthalten und auf den Terminstag des Gerichts abstellen.

Der zweite Diskussionspunk war Umgang miteinander in der Verhandlung. Nach kurzer Darstellung der gegenüber dem Richter besonderen Situation des Anwalts, der oft mit seinem Mandanten erscheint und vor diesem Eindruck machen will, wurden folgende Punkte angesprochen:

Die regelmäßige Anordnung des persönlichen Erscheinens der Partei zum 1. Termin praktizieren viele Amtsrichter offensichtlich gerne. Bei den Landgerichtsrichtern war da schon eher Zurückhaltung zu spüren. Herausgearbeitet wurde, dass Rechtsanwälte die Partei zumindest nicht regelmäßig gerne dabei haben. Insbesondere wenn die Partei dann in der Verhandlung sozusagen ohne Funktion bleibt, entsteht beim Bürger eher der Eindruck, nichts verstanden zu haben und überflüssig gewesen zu sein; er muss sich meist einen halben Tag frei nehmen und fragt sich, was das sollte. Die allgemeine Meinung war, mehr darüber nachzudenken, ob die Anordnung des persönlichen Erscheinens wirklich erforderlich ist.

Wartezeiten vor dem Gerichtstermin, aus Richtersicht manchmal unvermeidbar, aus Anwaltssicht wäre zumindest ein Anwaltszimmer mit PC und Drucker wünschenswert, um ggf. Wartezeiten überbrücken zu können. Des weiteren eine flexible Handhabung

Besprechungen des Gerichts mit einer Partei: Hier sollten vom Richter gegenüber der anderen Partei solche Besprechungen transparent gemacht werden, wenn sie denn stattgefunden haben. Dies wurde allgemein von der Richterschaft begrüßt.

Hinweise: Diese sollten möglichst frühzeitig ergehen, damit sich die Anwälte einstellen können und die Verfahren schneller erledigt werden können.

Thema „überlange Verfahren“ war der dritte Schwerpunkt der Veranstaltung. Hier wurde nur dargestellt, dass in Thüringen Bauverfahren und teilweise Versicherungsverfahren sehr lange dauern. Deshalb wurden die Vor- und Nachteile von Spezialkammern für diese Bereiche diskutiert. Unser Vorschlag war, am Landgericht eine Kammer für Bausachen und eine Kammer für Versicherungssachen und ggf. Medizinrecht, zu etablieren. Dies wurde von der hiesigen Richterschaft zunächst skeptisch gesehen, vor allen Dingen unter dem Gerichtspunkt, dass solche Kammern, speziell Baukammern, in der Regel sehr arbeitsintensiv für Richter sind. Andererseits war sich die Richterschaft schon bewusst, dass ein Richter sich in so einer Kammer spezialisieren kann, so dass er Fachanwälten aus entsprechend spezialisierten Kanzleien auch Paroli bieten können muss. Aus Sicht der Anwälte dürfte es ein Vorteil sein neben kürzeren Bearbeitungszeiten bei Gericht, dass Entscheidungen besser vorhersehbar sind, so dass der Bürger und Rechtssuchende besser beraten werden kann, was möglicherweise auch Prozesse vermeidet. Wünschenswert wäre bei der Etablierung solcher Kammern, dass diese Kammern auch über die einschlägigen Berufungen von Amtsgerichtssachen entscheiden, so dass eine einheitliche Linie gewährleistet ist. Eine anwesende Landgerichtspräsidentin konnte berichten, dass an ihrem Landgericht die Erledigungen in solchen Kammern höher bewertet werden, als Erledigungen anderer gerichtlicher Fälle. Dies würde es erleichtern, Richter für solche Kammern zu finden.

Der letzte vorgesehene Diskussionspunkt sollte der anzustrebende, regelmäßige Austausch zwischen Richtern und Rechtsanwälten über praktische Probleme sein. Es sollte diskutiert werden, welche Gremien sich dafür anbieten. Dieser Punkt konnte nur kurz vorgestellt und andiskutiert werden, da die Veranstaltung zeitlich limitiert war. Vorgestellt wurde das Modellprojekt des regelmäßigen Treffens der Familienrichter und der im Familienrecht tätigen Rechtsanwälte in einer Arbeitsgemeinschaft in Weimar nach dem sog. Cochemer Modell. Als geeignet wurde auch ein regelmäßiger Gesprächskreis im Bereich Jugendstrafrecht angesehen ggf. unter Einbeziehung von Behörden miterarbeiten. Auch die Mitarbeit von Richtern und Rechtsanwälten in einer Mietspiegelkommission erscheint sinnvoll und bietet Möglichkeiten, beiderseitige Erfahrungen einfließen zu lassen. Da ein Mietspiegel möglichst regional und aktuell fortgeschrieben werden sollte, könnte in diesem Bereich ebenfalls eine regelmäßige Plattform des Erfahrungsaustausches entstehen. Weiter als praktikabel und wünschenswert wurde von den Richtern angesehen, regelmäßige Treffen mit Rechtsanwaltsvereinen und –gremien herbeizuführen zwecks Besprechung anstehender, laufender Probleme, die durch die Vielzahl der technischen und gesetzlichen Änderungen laufend entstehen.

Da der Workshop kein Open-End hatte, bleib der Eindruck, dass noch Vieles hätte weiter diskutiert werden können und dass das sehr weit gesteckte Thema noch einiges an Potential für eine weitere ggf. größere oder speziellere Veranstaltungen bietet. Nahezu alle Workshopteilnehmer haben durch Wortmeldung und lebhafte Diskussion mitgewirkt. Es bleibt zu hoffen, dass bei den beiden letztgenannten Themenpunkten konkrete Ergebnisse im Einzelfall erzielt werden können. Der Weimarer Anwalt Verein dankt allein Teilnehmern für ihre engagierte Mitwirkung, besonders den Mitstreiterinnen auf dem Podium Frau Rechtsanwältin Leschnig und Frau Gerichtspräsidentin Goldmann.